Krisenjahr 1923

„In diesem Land …“
Deutschland 1923 – Das Krisenjahr  

Texte u.a. von Kurt Tucholsky, Bertolt Brecht, Rainer Maria Rilke, Eugeni Xammar, Egon Erwin Kisch, Harry Graf Kessler u.v.m.
Musik u.a. von Carl Nielsen, Paul Hindemith, Jacques Ibert, Erwin Schulhoff und Hanns Eisler
Rezitation: Roman Knižka
Dramaturgie: Kathrin Liebhäuser
Dauer des Konzerts: ca. 90 Minuten (mit Pause ca. 110 Minuten) 

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Die Weimarer Republik erlebte 1923 das schwerste Jahr seit ihrer Gründung. Es ist das Jahr der hochdramatischen politischen Schlagzeilen, ein Jahr, in dem die noch junge Republik in ihren Grundfesten erschüttert wird. Die Besetzung des Ruhrgebiets durch französische und belgische Truppen und der als Gegenmaßnahme verhängte passive Widerstand treiben die ohnehin schon davon galoppierende Inflation in astronomische Höhen. Separatistische Abenteurer und extremistische Parteien stellen die Reichseinheit vor eine Zerreißprobe, immer wieder drohen bürgerkriegsähnliche Zustände. Krisenmanager ist Sozialdemokrat Friedrich Ebert, der erste deutsche Reichspräsident, der seine ganz Macht in die Waagschale wirft, um eine Stabilisierung der Republik und Festigung der Demokratie zu erreichen.

So dramatisch das Jahr 1923 in politischer Hinsicht ist, so reich ist es aber auch an kulturellen Schlagzeilen: Rilkes „Duineser Elegien“ erscheinen. Brecht sorgt für Theaterskandale. Der deutsche Film floriert, ebenso der Schlager. Fritzi Massary feiert Triumphe in Operetten. Chaplins „The Kid“ begeistert das Berliner Publikum. In Weimar findet die erste Bauhaus-Ausstellung statt und im Oktober 1923 nimmt der erste öffentliche Rundfunksender im Deutschen Reich seinen Betrieb auf, was eine regelrechte Rundfunkeuphorie auslöst.

In diesem Land …“ Deutschland 1923 – Das Krisenjahr, ein literarischer Kammermusikabend, entführt in die politisch dramatische und kulturell faszinierende Welt des Jahres 1923. Anhand von Presseberichten und politischen Reden erleben die Zuhörer:innen Geschichte und tauchen zudem ein in die schillernde Atmosphäre der 1920er Jahre mit Werken von Schriftstellern wie u.a. Kurt Tucholsky, Bertolt Brecht, Rainer Maria Rilke, Eugeni Xammar, Egon Erwin Kisch oder Harry Graf Kessler. Auf musikalischer Ebene weitererzählt wird diese spannende und sinnliche Reise in die Vergangenheit durch zeitgenössische Werke für Bläserquintett u.a. von Carl Nielsen, Paul Hindemith, Jacques Ibert, Erwin Schulhoff und Hanns Eisler. Auch mit dem ein oder anderen zeitgenössischen Schlager ist zu rechnen.

Sind wir auf dem Weg zurück nach Weimar? Im Jahr 2023 diskutieren nicht nur Historiker:innen über diese Frage angesichts „der Tatsache, dass unsere vermeintlich fest etablierte demokratische Staatsform keine Selbstverständlichkeit sein muss: Rechtspopulistische Strömungen und autoritäre Politikentwürfe gewinnen bei uns und in vielen Ländern an Zulauf.“ (Institut für Zeitgeschichte München-Berlin). Ein Blick hundert Jahre zurück in das Jahr 1923 mag fruchtbare Denkanstöße liefern und aufzeigen, welche Erkenntnisse wir aus den Krisen und dem letztendlichen Scheitern der ersten deutschen Demokratie für uns heute ziehen können.

Programmablauf inkl. Quellen und Musikauswahl zum Download (PDF)